Die Geschichte

der VBS Mödling

Ende des 19. Jahrhunderts entstand im Raum südlich von Wien entlang der Südbahn ein bedeutendes Industriezentrum mit den Schwerpunkten Textil- und Stahlindustrie. Das Gebiet zählte zu den am dichtest besiedelten Regionen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

Große Männer der damaligen Zeit, darunter der Bürgermeister der Stadt Mödling, der als Retter des Wienerwaldes gefeierte Joseph Schöffel, erkannten bald die Bedeutung einer modernen Ausbildung der jungen Generation für Landwirtschaft, Handel und Industrie.

Unter diesen Voraussetzungen erblühte die Schulstadt Mödling. Neben anderen berufsbildenden Schulen wurde auf Anregung der Genossenschaft der Handelsleute und wohl auch durch die Unterstützung Schöffels eine Handelsschule errichtet.

Auf Ansuchen der Genossenschaft der Handelsleute im Jahre 1902 an den Gemeinderat wurde die Zustimmung zur Überlassung eines Schulzimmers ab dem Schuljahr 1903/04 zwecks der beabsichtigten Errichtung einer Handelschule mit den erforderlichen Lehrmitteln in der Volks- und Bürgerschule der Stadt Mödling erteilt.

Von 1904 bis 1908 führte man die Handelsschule als zweiklassige Privathandelsschule des „Mädchenlyzeum-Vereins“ in den Räumlichkeiten des Mädchenrealgymnasiums in der Eisentorgasse. Auf Initiative von Bürgermeister Schöffel, dem Kurator der Hyrtlschen Waisenanstalt, entstand anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef I. im Jahre 1908 eine zweijährig geführte Privat-Handelsschule für 29 Knaben und 12 Mädchen in den Räumen der Waisenhaus-Bürgerschule in der Wienerstraße. Zum Direktor wurde Prof. Eduard Arenz ernannt. Die Schule verfügte über vier Klassenzimmer, eine Direktionskanzlei, einen Elternsprechraum und einen Maschinschreibraum. Gleich darauf löste man die Privat-Handelsschule des Mädchenlyzeum-Vereins auf und wies die Mädchen der neu gegründeten Handelsschule zu. Im Schuljahr 1910/11 besuchten bereits 125 Schüler*innen die neu gegründete Handelsschule, wofür jährlich 200 Kronen Schulgeld bezahlt werden mussten.

Im Jahre 1912 wurde die Lehranstalt in die städtische Verwaltung übernommen, 1913 erhielt sie das Öffentlichkeitsrecht. Der Erste Weltkrieg unterbrach die sehr positive Entwicklung der Schule. Nach Kriegsende übersiedelte man in einen eigenen Trakt der Volks- und Bürgerschule für Knaben in der Jakob-Thoma-Straße.

Direktor Arenz übernahm nach dem Militärdienst wieder die Leitung der Schule und blieb insgesamt 30 Jahre Direktor. Ein wesentliches Anliegen war ihm die zeitgemäße Ausstattung der verschiedenen Lehrmittelsammlungen. Ein besonderer Meilenstein war die Einführung des Lehrgegenstandes „Verkaufskunde“ im Schuljahr 1930/31. Für diesen Lehrgegenstand richtete die Genossenschaft der Handelsleute einen eigenen Verkaufsraum ein, in dem man wirklichkeitsnah die Verkaufshandlungen erörtern und üben konnte. Diese zweckentsprechende Verkäuferausbildung, die erste ihrer Art in Österreich, gab den Abgängern der Schule auch neue Berufsmöglichkeiten.

Der Zustrom zur Handelsschule war derartig angewachsen, dass man im Jahr 1938 in das Gebäude der Volksschule Mödling-Schöffelvorstadt in der Maria-Theresien-Gasse, den heutigen Standort, übersiedelte. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs fiel die Schule Plünderungen zum Opfer. Alle sechzig Schreibmaschinen wurden gestohlen, ebenso die Lehrer- und Schülerbibliothek ausgeraubt. Schulbetreiber war nach 1945 auf Grund des Randgemeindengesetzes die Gemeinde Wien. Mit zwei Klassen und 57 Schülern führte die Schule als „Städtische Kaufmännische Wirtschaftsschule“ allerdings ein recht bescheidenes Dasein. Die Existenz der Handelsschule war nur im Zusammenhang mit einer kaufmännischen Berufsschule möglich. Die folgenden 10 Jahre waren dadurch gekennzeichnet, dass die Stadt Mödling und ihre Schulen stark unter dem Druck der Besatzungsmacht zu leiden hatten. Von der russischen Kommandantur wurde nicht nur hinsichtlich des russischen Sprachunterrichtes, sondern auch in anderen Unterrichtsgegenständen eine gewisse Kontrolle ausgeübt. Der Direktor erhielt beispielsweise den Befehl, im Deutschunterricht Werke von Maxim Gorki statt von Goethe oder Grillparzer zu lesen, was bei Inspektionen durch den russischen Kulturreferenten ständig überprüft wurde. Doch trotz widriger Umstände nahm seit 1951 die Schülerzahl ständig zu. Die Schule hatte offenbar einen derart guten Ruf, dass pro Klasse bis zu 45 Schüler*innen unterrichtet wurden.

Im Jahre 1954 wurde Mödling wieder selbständige Gemeinde. Hinsichtlich des Schulbetreibers ergab sich eine bedeutsame Änderung. Am 1. Juli 1954 übernahm der Fonds der Wiener Kaufmannschaft neben anderen Handelslehranstalten in Wien auch die Handelsschule in Mödling. Präsident des Fonds der Wiener Kaufmannschaft war damals Nationalrat KR Otto Mitterer. Der neue Schulbetreiber trug wesentlich dazu bei, dass der Schulbetrieb und die entsprechenden Lehrmittel bald den zeitgemäßen Anforderungen entsprachen. Immerhin gab es bereits sechs Klassen mit insgesamt 270 Schüler*innen. Auf Grund der Errichtung der Landesberufsschule in Theresienfeld löste man die im Schulhaus untergebrachte Berufsschule auf.

Der Aufschwung der heimischen Wirtschaft führte dazu, dass vor allem Handel, Versicherungswesen und Banken immer mehr gut ausgebildete Mitarbeiter benötigten. Daher entschloss man sich in Mödling zur Errichtung einer, damals noch vierjährigen, Handelsakademie, die seit dem Schuljahr 1957/58 besteht und im ersten Jahr mit zwei Jahrgängen und 90 Schülern geführt wurde. Im Juni 1961 konnte Direktor Dr. Wilhelm Stärz erstmals 37 Maturant*innen verabschieden, welche die Reifeprüfung unter Vorsitz des damaligen Landesschulinspektors Hofrat Dkfm. Ferdinand Hoffer abgelegt hatten. Insgesamt besuchten im Schuljahr 1960/61 314 Schüler*innen, die von 26 Lehrer*innen unterrichtet wurden, die Schule.

Mit der Einführung neuer Lehrpläne im Jahre 1963 verlängerte man die Handelsakademie auf fünf und die Handelsschule auf drei Jahre: Die Schule führte die Bezeichnung „Handelsakademie IV und Handelsschule VIII der Wiener Kaufmannschaft“. Von 1969 bis 1992 leitete Hofrat Dr. Helmut Brunner die Schule. Im Schuljahr 1970/71 besuchten 246 Schüler*innen die Handelsschule und 120 die Handelsakademie. Insgesamt wurden 366 Schüler*innen in 13 Klassen von 29 Lehrer*innen unterrichtet.

In den Siebzigerjahren kam es auf Grund der großen Nachfrage zu einer Erweiterung auf 16 Klassen. Diese konnten im Schulgebäude in der Maria-Theresien-Gasse, welches ja zur Hälfte von der Volksschule genutzt wurde, nicht untergebracht werden. Bis zum Jahre 1988 mussten daher erste Jahrgänge und Klassen in die Expositur im Kulturzentrum Perchtoldsdorf ausweichen. Die Raumnot nahm in dieser Zeit dramatische Formen an. Im Jahre 1979 organisierten daher Lehrer und Schüler eine Demonstration in Mödling, um auf die prekäre Lage in ihrer Schule aufmerksam zu machen.

Ein besonders erwähnenswertes Ereignis war der Mödlinger „Kulturmix“ im September 1979. Mödling stand ein Wochenende lang ganz im Zeichen der HAK und HAS Mödling. Ein engagiertes Team von Lehrern und Schülern organisierte Konzerte diverser Musikgruppen, Kindertheateraufführungen, einen Flohmarkt und vieles mehr. Der Reinerlös floss der Herz-Jesu-Pfarre für den Ausbau des Theresiensaales und dem Altersheim zu.

Nach längeren Verhandlungen zwischen Bund, Land und dem Schulerhalter baute man 1982 das Dachgeschoß aus, wodurch neue Klassenräume sowie Sonderunterrichtsräume wie Textverarbeitungs- und Datenverarbeitungssäle eingerichtet werden konnten. Die feierliche Eröffnung fand unter Anwesenheit von Herrn Landeshauptmann Siegfried Ludwig statt.

Weil immer mehr junge Sportler*innen des Österreichischen Leistungssportzentrums Südstadt (seinerzeit Leistungsmodell Südstadt) die Handelsschule besuchen wollten, wurde in Zusammenarbeit mit Herrn Gunnar Prokop im Jahre 1986 der Schulversuch einer vierjährig-geführten Handelsschule für Hochleistungssportler ins Leben gerufen. Die gute Kooperation zwischen Schule und Sport führte dazu, dass viele Absolvent*innen beachtenswerte internationale Erfolge erzielen konnten. Besonders hervorzuheben ist der Sieg bei der Schulfußball-Weltmeister-schaft 1993 in Israel, was der hervorragenden Kooperation mit der Fußballakademie des VfB Admira-Wacker Mödling zu verdanken ist. Im Jahr 2006 wurde dieser Schulversuch allerdings der Liese Prokop-Schule in der Südstadt zugeteilt.

Der Fonds der Wiener Kaufmannschaft erwarb das Schulgebäude Maria-Theresien-Gasse 25 von der Gemeinde Mödling im Jahre 1988, wodurch die Expositur in Perchtoldsdorf endlich aufgelassen werden konnte. Nach einer Renovierung des Schulgebäudes konnten alle Klassen und Sonderunterrichtsräume problemlos untergebracht werden.

Im Jahre 1993 wurde das Betriebswirtschaftliche Zentrum eröffnet. Mit der Einführung der Lehrpläne 1994 beschloss man für alle Jahrgänge und Klassen nach langen Diskussionsphasen schulautonome Lehrpläne, um die regionalen Bedürfnisse der Wirtschaft besser erfüllen zu können. Ein wesentlicher Bestandteil war dabei die Verankerung des „Unternehmerischen Denkens“ im Schulleitbild.

Seit 1997 dient die Bezeichnung „Vienna Business School“ für die Schulen des Fonds der Wiener Kaufmannschaft als Dachmarke zur Neupositionierung der fünf Wiener Standorte und der Mödlinger Schule. Auf Initiative des Fonds der Wiener Kaufmannschaft hielt das E-Learning mit der Einführung von Laptop-Klassen im Jahr 2001 Einzug in das Schulleben und ist heute fixer Bestandteil der Unterrichtsarbeit in der Handelsakademie.

In allen Jahrgängen und Klassen erfolgt der Unterricht nach schulautonomen Lehrplänen. In der Handelsakademie werden die Ausbildungsschwerpunkte Marketing und Management, Controlling, Finanzconsulting und Bilanzierung sowie Net and Web angeboten, in der Handelsschule die schulautonomen Fachbereiche Office- und Salesmanagement sowie Informationstechnologie.

Neben der Fremdsprache Englisch besteht in der Handelsakademie die Möglichkeit Französisch, Spanisch oder Italienisch als zweite lebende Fremdsprache zu wählen. Als Zusatzqualifikationen werden Russisch, CISCO, SAP, BEC, ECDL, Microsoft Certificate, Netzwerktechnologie sowie die Juniorfirma in Form von Freifächern angeboten. Schulpartnerschaften und regelmäßiger Schüleraustausch mit Partnerschulen in Italien, Tschechien und Ungarn sollen mehr Verständnis für andere Kulturen entwickeln sowie einen Beitrag zur europäischen Integration leisten.

Das Kooperative Offene Lernen in der Handelsschule hat zum Ziel, die Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Schüler*innen bei der Erarbeitung des Lehrstoffes zu verstärken und damit den Unterrichtsertrag zu verbessern.

Das vom BMUKK initiierte Projekt „Gendermainstreaming“ soll die Chancengleichheit der Geschlechter durch den Abbau von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten erhöhen. Der Absolventenverband, Vienna Business Circle, stellt ein erfolgreiches Netzwerk zur Vermittlung von Kontakten zwischen Schule und Wirtschaft dar. Von 1998 bis 31.03.2012 wurde die Schule von Herrn HR Mag. Peter König geleitet, seit 01.04.2012 steht sie unter der Leitung von Frau OStR Mag. Marina Röhrenbacher.